Man kann fragen: Warum sollte die Weiterentwicklung des Menschen nicht den Selektionskräften der Techno-Umwelt (bzw. der so genannten Freiheit) überlassen werden, oder warum sollten wir etwas dafür tun, dass zukünftige Generationen eine der unseren ähnliche Seelenlandschaft haben? Vielleicht wären sie ja mit einer ausgeräumten Seelenlandschaft analog zu einem Gewerbegebiet glücklicher und erfolgreicher? Nun, ich meine, dass es einen Generationenvertrag gibt, der über Rentensicherung hinausreicht. Wir haben die Plicht, unseren Urenkeln ein Kultur- und Naturerbe zu überlassen, und dafür, aber auch nur dafür, dürfen wir verlangen, dass sie die abendländische Kultur durch Pflege dessen, was wir und unsere Vorfahren geschaffen haben, weiterführen und damit der kulturschöpferischen Leistung der Vergangenheit nicht ihren Sinn nehmen. Dazu gehört die Fähigkeit, sich an einer Mozart-Sonate zu freuen, ebenso wie die, ein Landschaftgemälde in seiner Symbolik zu verstehen.

”Natur ist der unaufhebbare Rahmen menschlichen Lebens. Jeder Versuch, sich ihr zu entziehen, sie vermeintlich zu überwinden, sei es in der Weise von Erdflüchtiger Vergeistigung oder herrschsüchtiger Technisierung, kann nur zu einer Deformierung von Umwelt und Innenwelt gleichermaßen führen.“

Der Niederschlag der Beschleunigung in der Landschaft bedeutet eine Entgeschichtlichung der Kulturlandschaft, die sich dadurch zur Zivilisationensbrache verwandelt. Denn statt weiterhin Tableau und Spiegel des Stroms der Kulturentwicklung zu sein, ist die Landschaft (von einigen denkmalgeschützen Relikten abgesehen) bestenfalls noch Spiegel der Entwicklung eines halben Jahrhunderts und damit Spiegel einer bestimmten Phase der Degeneration des Homo faber zum Homo consumens. Die Spuren des Homo sapiens sind längst marginalisiert. Diese Verwandlung bedeutet für die Psyche, dass der Strom der Geschichte nicht mehr erfahrbar ist. Das kann man auch eine «Amerikanisierung» der Landschaft nennen, denn der Amerikanismus ist zutiefst davon geprägt, dass in der Landschaft keine Geschichte gefunden wird, die als eigene angenommen werden kann. Geschichtslosigkeit aber führt zu einer Überschätzung der Bedeutung der eigenen Lebensspanne gegenüber der Lebensspanne der Menschheit und damit mittelbar zur Unachtsamkeit gegenüber den Leistungen vergangener und den Möglichkeiten zukünftiger Generationen. Es ist bezeichnend, dass sich der grassierende Geschichtlichkeitsverlust als Historisierung ausgibt. Damit treibt sie den Teufelskreis von Entfremdung und Zerstörung weiter voran.